Fossiliensuche in Franken - Mistelgau

03.06.2024 / 14.06.2024


Die Tongrube Mistelgau, südwestlich von Bayreuth gelegen, befindet sich auf dem Areal einer ehemalige Ziegeleigrube am südlichen Rand der Ortschaft Mistelgau (siehe hierzu Abb. 03; "Geol. Karte von Mistelgau ..."). Der Abbau der mergeligen Tone aus dem oberen Lias und dem unteren Dogger wurde 2005 nach jahrzehntelangem Bergbau eingestellt. Geplante und bereits durchgeführte Verfüllungen der Grube mit Bauschutt konnten durch zahlreiche Initiativen seitens der Gemeinde, des Urwald-Museum Oberfranken und anderer Institutionen abgewendet werden. Heute steht die Tongrube Mistelgau unter Schutz und ist als Geotop (Geotop-Nummer: 472A016) ausgewiesen. Somit ist dieser erdgeschichtlich bedeutsame Ort auch überregional mit seinem hohen wissenschaftlichen Stellenwert ("Belemnitenschlachtfeld", Fischsaurierfunde, Pyritsteinkerne von Ammoniten sowie zahlreiche andere Fossilien in Museumsqualität) anerkannt worden.

Stratigrafisch waren Schichten aus dem oberen Lias (Unter-Toarcium, Posidonienschiefer und Ober-Toarcium, Jurensismergel) sowie aus dem unteren Dogger (Unter-Aalenium, Opalinuston) aufgeschlossen. Nur für eine kurze Zeit nutzte man auch versuchsweise Material für die Ziegelproduktion aus dem Amaltheenton (Lias delta) als Probegrabung im Südosten der Grube (siehe Abb. 01: "Historische Aufnahme von 2005").

Die Suche nach Fossilien ist derzeit weitestgehend nur eingeschränkt möglich und die nachfolgend vorgestellten Funde, vor allem Belemniten und Ammoniten, entstammen persönlichen Aufsammlungen aus den Jahren 2003 bis 2005. Ein bemerkenswert aktueller Fischsaurierfund, entdeckt und teilweise freigelegt von einem Stuttgarter Sammler, wurde unter der fachlichen Präsenz des Urwald-Museum Oberfranken (Bayreuth) wohl inzwischen geborgen und wartet nunmehr auf eine Präparation (siehe Abb. 44 - 47).

Das bedeutsame "Belemnitenschlachtfeld" (siehe Abb. 02: "... Ausschnitt Belemnitenschlachtfeld ..."), einst als Grubensohle und stratigrafisch zwischen Posidonienschiefer und Jurensismergel gelegen, ist als solches nicht mehr sichtbar, wird aber thematisch am Ende dieses Artikels vorgestellt.


Für weitere Informationen, Internetempfehlungen sowie Kontaktaufnahme siehe auch unter Galerie: "Geotop und Fossiliengrube Mistelgau (Oberfranken)".


Literaturempfehlung:

Autorenkollektiv (2013) - Die Tongrube Mistelgau, Der Steinkern, H. 15

Brunnacker, K. (1955) - Geologische Karte von Bayern 1 : 25000 Nr. 6034 Mistelgau mit Erläuterungen, Bayr. Geol. Landesamt

Doyle, P. (1990) - The British Toarcian (Lower Jurassic) Belemnites, Part 1, Monograph Palaeontogr. Soc., London

Doyle, P. (1993) - Belemnite battlefields, Lethaia, Vol. 26

Jäger, M. (1995) - Echinodermata aus dem Ober-Toarcium und Aalenium Deutschlands I. Crinoidea: Cyrtocrinina und Millericrinina, Stuttg. Beitr. Naturk., Ser. B., Nr. 226 

Kutscher, M. (1996) - Echinodermata aus dem Ober-Toarcium und Aalenium Deutschlands - II. Ophiuroidea, Stuttg. Beitr. Naturk., Ser. B, Nr. 242, 33

Richter, A.E. (1978) - Jura mit Lücken, Fossilien aus Mistelgau, Mineralien-Magazin 1978, H. 1

Richter, A.E. (1991) - Geologie und Paläontologie: Das Mesozoikum der Frankenalb, Vom Ries bis ins Coburger Land, Gondrom Verlag

Richter, A.E. (1993) - Die Belemniten - eine "langweilige Gesellschaft", Fossilien 1993, H. 4

Richter, A.E. (2000) - Geoführer Frankenjura, Geologische Sehenswürdigkeiten und Fossilfundstellen, Ammon Rey Verlag

Riegraf, W., Werner, G., Lörcher, F. (1984) - Der Posidonienschiefer -  Biostratigraphie, Fauna und Fazies des südwestdeutschen Untertoarciums (Lias epsilon), F. Enke Verlag

Rohde, C. (o.J) - Der Obere Lias epsilon (bifrons-Zone) und angrenzende Subzonen in der Region Berg / Oberpfalz: ein Fundbericht, https://www.fossilienjaeger.de/index.php/8-abhandlungen/27-der-obere-lias-bifrons-zone-und-angrenzende-subzonen-in-der-region-berg-oberpfalz-ein-fundbericht

Schlegelmilch, R. (1973) - Fossilien aus der Tongrube Mistelgau bei Bayreuth, Aufschluss 24, H. 10

Schlegelmilch, R. (1985) - Die Ammoniten des süddeutschen Doggers, G. Fischer Verlag

Schlegelmilch, R. (1992) - Die Ammoniten des süddeutschen Lias, G. Fischer Verlag

Schlegelmilch, R. (1998) - Die Belemniten des süddeutschen Jura, G. Fischer Verlag  

Schulbert, C. (2001) - Die Ammonitenfauna und Stratigraphie der Tongrube Mistelgau bei Bayreuth (Oberfranken), Beih. Ber. Naturw. Ges. Bayreuth e.V., H. 4

Schulbert, C., Nützel, A. (2008) - Über die jurassische Gastropodenfauna der Tongrube Mistelgau bei Beyreuth, Ber. Naturw. Ges. Bayreuth, 26

Schwegler, E. (1961-1971) - Revision der Belemniten des Schwäbischen Jura, Palaeontographica, Abt. A 116

Simonsen, S., Bauer, A. (2008) - Fossilien aus dem Lias zeta von Mistelgau, Der Steinkern 2008, H.1

Simonsen, S., Bauer, A. (2009) - Sammlerparadies mit ungewisser Zukunft - Die Tongrube Mistelgau, Fossilien 2009, H. 1

Urlichs, M. (1971) - Alter und Genese des Belemnitenschlachtfelds im Toarcien von Franken, Geol. Bl. NO-Bayern, 21

Urlichs, M., Wild, R., Ziegler, B. (1994) - Der Posidonienschiefer, Stuttg. Beitr. Naturk., Serie C, 36

Weismüller, M. (2017) - Eine Reise in das untere Jura der Region Altdorf - Die Region Altdorf und dessen Fossilien, Eigenverlag

Weitschat, W. (1973) - Stratigraphie und Ammoniten des höheren Untertoarcium (Oberer Lias) von NW-Deutschland, Geol. Jb., A 8



Abb. 01: Historische Aufnahme von 2005, Blick aus südöstlicher Richtung mit Probeschurf im Amaltheenton, der bereits mit Grundwasser vollgelaufen ist, 2012 wurde diese Probegrabung mit Bauschutt verfüllt.


Abb. 02: Ein kleiner Ausschnitt aus dem Belemnitenschlachtfeld (zw. Posidonienschiefer und Jurensismergel), welches auf der Grubensohle großflächig vorhanden war, Aufnahme 2005.


Abb. 03: Geol. Karte von Mistelgau (veränderter Ausschnitt), Quelle: Bayerisches Geologisches Landesamt.


Abb. 04: Blick auf das Grubenareal aus südlicher Richtung, Aufnahme vom 01.04.2024.


Abb. 05: Grubenbereich mit deutlichen Spuren von größeren Grabungsaktivitäten, sowohl von Hobbysammlern als auch vom Naturkundemuseum Bayreuth ("Urwelt-Museum Oberfranken") angelegt.


Abb. 06: Südlicher Grubenbereich mit Bauschuttmaterial aus dem Toarcium. Eine Verfüllung der Tongrube mit Bauschutt scheint wohl vorerst gestoppt worden zu sein.


Abb. 07 u. 08: Größere Kalkblöcke sowie "Papierschiefer" zeigen erdzeitlich Gesteine aus dem Toarcium an.


Abb. 09: Abraumhügel mit Material aus dem Lias zeta (verkipptes Grubenmaterial), geeignet für das Absammeln von Kleinfossilien sowie für die Entnahme von Schlämmprobenmaterial.


Abb. 10 u. 11: Ausgewaschene Belemnitenrostren (meist zerbrochene Rostren aber auch juvenile Exemplare) lose auf den Abraumhügeln liegend, Hinweis auf geeignetes Schlämmprobenmaterial.


Abb. 12: Abgesammelte Belemnitenrostren (zumeist Dactyloteuthis sp. u. Acrocoelites sp. sowie Belemnitenbruchstücke mit aufgebrochener Alveole) von o.g. Abraumhügeln (Abb. 9, 10 u. 11).


Abb. 13: Ausgelesene Kleinfossilien (Crinoidenstielglieder, Seeigelstacheln, Gastropoden u.a.m.) aus einer Schlämmprobe (Lias zeta).


Abb. 14 u. 15: Kleinfossilien aus Abb. 13: Links mit Seeigelstacheln, rechts mit Crinoidenstielgliedern (Columnalia).


Abb. 16 u. 17: Crinoidenstielglieder (Columnalia), ggf. Balanocrinus sp. (beide Schichtflächen) aus einer Schlämmprobe (Lias zeta).


Abb. 18 u. 19: Juveniler Ammonit und Gastropoden aus einer Schlämmprobe (Lias zeta).


Abb. 20: Weitere Belemnitenrostren (zumeist Dactyloteuthis sp. u. Acrocoelites sp.), die lose auf den Abraumhügeln (Abb. 09) lagen, zumeist Bruchstücke aber auch vollständige Rostren sowie Rostren mit aufgebrochener Alveole.


Abb. 21 u. 22: Links Dactyloteuthis semistriata (ohne Epirostrum), rechts oben Neoclavibelus forthensis, unten Neoclavibelus neumarktensis (Altfunde von 2003 - 2005).


Abb. 23 u. 24: Links Dactyloteuthis sp., rechts Acrocoelites cf. conoidens (Altfunde von 2003 - 2005).


Abb. 25 u. 26: Links Rostrenbruchstücke mit aufgebrochener Alveole, rechts Rostrum mit verfüllten Bohrgängen (Ichnofossilien), lose Aufsammlung von den Abraumhügeln (Abb. 09).


Abb. 27: Unpräparierter Gesteinsblock mit eingelagertem und unbestimmten Ammoniten sowie aufsitzendem Belemniten (Dactyloteuthis sp.), Altfund von 2004.


Abb. 28: Gesteinsblock aus dem "Belemnitenschlachtfeld" mit Dactyloteuthis sp., Acrocoelites sp. sowie juvenile Rostren. Die Rostren zeigen in ihrer Einlagerung keine Strömungsausrichtung, liegen also "wild" durcheinander (Altfund von 2004).


Abb. 29: Angeschliffener Gesteinsblock aus dem "Belemnitenschlachtfeld", verschiedene Belemnitenrostren, die auch hier in ihrer Lageposition "wild" durcheinander liegen. Siehe auch unter Artikel: "Belemniten im Gipsbett" sowie unter "Belemniten - Sammlung" (Altfund von 2004).


Abb. 30: Unbestimmter und z.T. mit feinen Gipskristallen überkrusteter Ammonit (ggf. Cotteswoldia sp.), der bei einer Grabungsaktion (Lias zeta, Bergung eines Ichtyosauriers) Anfang April 2024 geborgen wurde.


Abb. 31: Oberflächlich limonisierter Ammonit (Pleydellia aalensis) auf einer schiefrigen Matrixplatte, Altfund von 2003.


Abb. 32 u. 33: Ammonit (ggf. Dumortieria sp.) in Pyriterhaltung, Altfund von 2003.


Abb. 34: Ammoniten (ggf. alle Pleydellia aalensis) in Pyriterhaltung, Altfunde von 2003.


Abb. 35 u. 36: Unbestimmter Ammonit (ggf. Pleydellia sp.) in Pyriterhaltung, Altfund von 2003.


Abb. 37: Zwei unbestimmte Ammoniten die hier stark überkrustet sind, in Pyriterhaltung, Altfunde von 2003.


Abb. 38: Altfund von 2003, Ammonit Pleurolytoceras cf. hircinum, mit deutlichen "Einschnürungen" und stark erosiven Strukturen im Bereich der Wohnkammer.


Abb. 39 u. 40: Gesteinsblock (beidseitig) mit zahllosen Fragmenten von Ammoniten, Altfund von 2003.


Abb. 41: Altfund von 2003, Gesteinsplatte mit Borsitra buchi (ehem. Posidonia bronnii) oder Steinmannia bronni.


Abb. 42 u. 43: Detailfotos aus Abb. 41 mit Borsitra buchi oder Steinmannia bronni (Posidonienschiefer).


Abb. 44: Grabungsaktiver Bereich (Lias zeta) mit Fundstelle eines Ichtyosauriers (April 2024). 


Abb. 45: Schichtfläche und Ausschnitt der Lageposition zahlreicher Wirbel des z.T artikuliert erhaltenen Skeletts eines Ichtyosauriers.


Abb. 46 u. 47: Links fragmentarisch erhaltener Wirbel des Fundes aus Abb. 44 u. 45, rechts Gegenseite des Ichtyosaurier-Wirbels mit flächenhaft aufsitzenden Gipskristallen.



Anhang: Das Belemnitenschlachtfeld


Abb. 48:


...