Fossilien aus der Rügener Schreibkreide - Teil 2

20.05.2024 / 03.06.2024


Im Teil 1 der Abhandlung über die Fossilien der Rügener Schreibkreide wurden mehrheitlich Seeigel abgebildet. Diese sind bei Fossiliensammlern zwar sehr beliebt aber als "vollkommenes" Fossil eher selten zu finden. Zudem wurde bereits im Artikel "Pycnodonte vesicularis" ausführlich über diese spezielle Muschelart aus der Rügener Schreibkreide berichtet. Im Teil 2 werden nun weitere Themen angesprochen und Fossilien gezeigt, die zwar noch immer nicht alle Fossilgruppen aufzeigen aber insgesamt etwas "breiter" angelegt und dargestellt werden: Kreideabbrüche u. Kreideaufbereitung durch die Ostsee, "Paramoudras", Mikroaufnahmen (REM-Aufnahmen) von Kleinfossilien, Schwämme aus der Schreibkreide, Brachiopoden, verschiedene Muscheln sowie einige Belemnitenfunde.


An dieser Stelle möchte ich mich bei Stefan Diller (Wissenschaftliche Photographie - Würzburg) für die Anfertigung von REM-Aufnahmen, bei Dr. Angela Ehling (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Berlin-Spandau) für die Sichtungsmöglichkeiten in der umfänglichen Sammlung der BGR, bei Manfred Kutscher (Sassnitz) für stets wertvolle Fachgespräche und Sammlungseinsicht sowie beim Team des Kreidemuseums Rügen (Gummanz) für Fotoerlaubnisse herzlich bedanken.


Literaturempfehlungen:

Siehe unter "Pycnodonte vesicularis", "Fossilien aus der Rügener Schreibkreide - Teil 1", "Der Geschiebestrand zwischen Dwasieden und Mukran (Rügen) - Steilküste, Küstendynamik und Fossilfunde" sowie unter "Das Kreidemuseum Rügen in Gummanz".


Ergänzende Literaturempfehlungen:

Braasch, R., Menzel-Harloff, H. (2020) - Mecklenburg-Vorpommerns Schätze im Feuerstein, Selbstverlag

Bromley, R.G., Schulz, M.-G., Peake, N.B. (1975) - Paramoudras: Giant Flints, long burrows and the early Diagenesis of Chalks - Kong. Danske Vidensk. Selskab, Biol. Skifter 20 (10)

Gravesen, P., Jakobsen, S.L. (2012) - Skrivekridtets Fossiler, Gyldendal

Höflinger, J. (2015) - Kreidebrachiopoden, Bestimmungstipps für Sammler, Selbstverlag

Kutscher, M., Herrig, E. (o.J.) - Die Fossilien der Rügener Schreibkreide (Auswahl), Kreidemuseum Gummanz

Kreidemuseum Rügen (2022) - Fossilien und Geschiebe aus privaten Sammlungen der Insel Rügen, Heft zur Sonderausstellung 2022, Kreidemuseum Rügen

Nestler, H. (1961) - Spongien aus der weißen Schreibkreide (Unt. Maastricht) der Insel Rügen (Ostsee), Pal. Abh. 1 (1)

Reich, M., Herrig, E., Frenzel, P., Kutscher, M. (2018) - Die Rügener Schreibkreide - Lebewelt und Ablagerungsverhältnisse eines pelagischen oberkretazischen Sedimentationsraumes, Zitteliana 92

Schulz, M.-G. (1978) - Morphometrisch-variationsstatistische Untersuchungen zur Phylogenie der Belemniten-Gattung Belemnella im Untermaastricht NW-Europas, Geol. Jb., A 47

Steinich, G. (1965) - Die artikulaten Brachiopoden der Rügener Schreibkreide, Pal Abh. (A), 2 (1)

Steinich, G. (1972) - Endogene Tektonik in den Unter-Maastricht-Vorkommen auf Jasmund (Rügen), Geologie, Jg. 20, Beih. 71/72 



Abb. 1: Abschnitt der Rügener Kreideküste mit Blick auf die Ernst-Moritz-Arndt-Sicht.


Abb. 2: Kreideabbruch auf Höhe der ehemaligen Kleinen Wissower Klinken (2022).


Abb. 3: Veränderter Kartenausschnitt aus Steinich (1971) - Endogene Tektonik in den Unter-Maastricht-Vorkommen auf Jasmund (Rügen), Geol., Jahrg. 20, Beih. 71/72, Anlage 6/12, Küstenabschnitt zwischen den Kleinen Wissower Klinken (nicht mehr vorhanden) und den Großen Wissower Klinken (Kreideabbruch 02/2005, nur noch "Relikte" vorhanden), Komplex VI und VII ... mit der eingekreisten Lageposition des Abbruch-Materials (Abb. 2).


Abb. 4: Kreideaufbereitung durch "Aktivitäten" der Ostsee (Kreideabbruch, Abb. 2).


 

Abb. 5 u. 6: Detailansichten aus dem Küsten-Spülsaum des Kreideabbruchs (Kreideabbruch, Abb. 2).


 

Abb. 7: Bruchfläche eines "Paramoudras", Abbruchwand/Kreidekliff vom Kreideabbruch (Abb. 2).


 

Abb. 8 u. 9: Zahlreiche "Paramoudras" im Spülsaum nahe des Kreideabbruchs (Abb. 2), die auch als "Sassnitzer Blumentöpfe" bekannt sind. Die Entstehung dieser Feuersteingebilde ist bis dato noch immer nicht eindeutig geklärt (fossiler Wohnbau oder Entgasungsschlot).


Abb. 10: Eingelagerte Markasitknolle in einem aufgebrochenen "Paramoudra".


Abb. 11: Bereits stark aufbereite Kreide im Spülsaum des Kreideabbruchs (Abb. 2), geeignet für das Suchen nach Kleinfossilien.


 

Abb. 12: Rasterelektronische Aufnahme (REM) von Coccolithen (Kalkplättchen/Kalkflagellaten), Aufnahme: S. Diller - Wissenschaftliche Photographie - Würzburg.


 

Abb. 13: Weitere Coccolithen (Kalkplättchen/Kalkflagellaten) aus der Rügener Schreibkreide, Aufnahme: S. Diller (s. Abb. 12).

 

Abb. 14: Hagenowia elongata (seltener irregulärer Echinide/Seeigel, dorsale Detailansicht eines Rostrums), aus einer Schlämmprobe, Aufnahme: S. Diller (s. Abb. 12).


 

Abb. 15: Juveniler Salenide (seltener regulärer Echinide/Seeigel, vollständiges Gehäuse, Apikalseite), aus einer Schlämmprobe, Aufnahme: S. Diller (s. Abb. 12).


 

Abb. 16: Porosphaera globularis (Kalkschwämme/Schüttungsbild), kugelförmig, porös und z.T. mit Anbohrungen und Durchbohrungen (Trypanitis mobilis, Spurenfossil).


 

Abb. 17: Kieselschwämme (Silicispongea) und Kalkschwämme (Calcispongea) in einer Ausstellungsvitrine des Rügener Kreidemuseums (Gummanz).


 

Ab. 18 u. 19: Links Ausschnitt aus Abb. 17 mit Spuren des Bohrschwammes Cliona (7) und Feuerstengebilde mit dem Kugelschwamm Plinthosella squamosa (sog. "Klapperstein") (8) sowie rechts eine andere Ansicht mit Kieselschwämmen (oben) und Kalkschwämmen (unten).

 

 

Abb. 20: ???


 

Abb. 21: ???


 

Abb. 22: Aulaxinia sulcifera (sog. "Seegurke"), ein Kieselschwamm in ausgeprägter "gurkenförmiger" Morphologie.


 

Abb. 23: Aufgebrochene Feuersteinkugel mit Plinthosella squamosa (sog. "Klapperstein"), der nach Auflösung der Schwammummantelung in einer Feuersteinkugel ggf. "klappern" kann.


 

Abb. 24: Parasmilia excavata (Solitärkoralle), eine bereits "abgerollte" Steinkoralle aus dem Spülsaum.


 

Abb. 25 u. 26: Parasmilia excavata (auf einem weiß ummantelten Feuerstein aufliegend).


 

Abb. 27: Schüttungsbild verschiedener Brachiopoden (Armfüßer, zumeist Isocrania sp. und Terebratulina sp.) aus einer Schlämmprobe.


 

Abb. 28: Kleine aufgebrochene Feuersteinknolle mit mineralisch ausgekleideter Klappe eines Brachiopoden (ggf. Carneithyris subcardinalis).


 

Abb. 29: Carneithyris subcardinalis mit epifaunalem Bewuchs (links "Crania", rechts fein verästelte Bryozoen).


 

Abb. 30 u. 31: Neoliothyrina obesa, links in Kreide eingebettet, rechts mit deutlicher Öffnung der Stielklappe.


 

Abb. 32: Cretirhychia sp. (doppelklappiger Armfüßer) auf Kreide aufsitzend.


 

Abb. 33: Hyotissa semiplana (Auster) mit zwei Gastropodenbohrlöchern (leg. M. Kutscher, Sassnitz), Smlg. Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), Berlin-Spandau.

 

 

Abb. 34 u. 35: Hyotissa semiplana, Randbereich mit gewällten Schalenklappen, Smlg. Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), Berlin-Spandau.


 

Abb. 36: Innenfläche einer dünnschaligen Hyotissa semiplana mit mittig liegendem Muskelfleck.


 

Abb. 37 u. 38: Linke Klappe einer Hyotissa semiplana mit deutlich rippenartiger Morphologie.


 

Abb. 39: Bruchstücke von "Innoceramus" sp., die wohl größte Muschelspezies der Rügener Schreibkreide.


 

Abb. 40: Atreta nilssoni (ehem. Dimyodon nilssoni) als epifaunaler Bewuchs auf einem Muschelbruchstück ("Inoceramus" sp.).


 

Abb. 41: Pinna decussata (sog. "Steckmuschel") in einer Feuersteinknolle.


 

Abb. 42: Pinna decussata, fragmentarisches Schalengehäuse im Kreidesediment liegend.


 

Abb. 43: Ggf. Spondylus dutempleanus (Schaleninnenfläche) auf Kreide aufsitzend.


 

Abb. 44 u. 45: Zwei sehr dünnschalige Bivalvenklappen von Syncyclonema nilsoni (Innenflächen der Muschel).


 

Abb. 46: Steinkern (links) und Innenfläche der Muschel Spondylus dutempleanus (rechts).


 

Abb. 47 u. 48: Neithea cf. sexcostata (links) auf Kreide aufsitzend und eine unbekannte Bivalve mit einer außergewöhnlichen/aberranten Schalenoberfläche (rechts).


 

Abb. 49: Lyropecten (Aequipecten) acuteplicatus auf Kreide aufsitzend.


 

Abb. 50 u. 51: Zwei Bruchstücke von Belemnitenrostren im Kreideabbruch (siehe Abb. 2).


 

Abb. 52: Schautafel zu "Spurenfossilien und Aufwüchse auf Belemniten-Rostren" sowie eine Belemnitenausstellung zu dieser Thematik, Kreidemuseum Rügen in Gummanz.


 

Abb. 53: Drei Belemnitenrostren in Feuerstein eingebettet, Schauvitrine (Abb. 52 rechts), Kreidemuseum Rügen in Gummanz.


 

Abb. 54: Aufgebrochene Belemnitenfragmente (Belemnella sp.) im Bereich der Alveolen.


Abb. 55: Detailansicht eines aufgebrochenen Belemnitenfragments (aus Abb. 54), 1. Lage und Hohlraum der ehemaligen Embryonalblase (Protoconch), 2. als längliche Rille angedeutete Apikallinie (Lösungs-/Verwitterungseffekt).


 

Abb. 56: Juveniles Belemnitenrostrum, was auf Grund seiner sehr grazilen und schlanken Form der Belemnitenspezies Belemnella (Pachybelemnella) sumensis zugeordnet werden kann. Zudem zeigen sich auf dem Rostrum Bruchstücke verschiedener Epifauna, als auch sehr zahlreich angelegte Spurenfossilien im Rostrum selbst (Talpina ramosa).


 

Abb. 57 u. 58: Belemnella sp. mit vollständig erhaltenem Apex (links), Belemnitenbruchstück mit Anbohrungen sowie Bohrgängen (Entobia cretacea) des Bohrschwammes Cliona sp. als Spurenverursacher (rechts).


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Abb. 59: Belemnitenrostrum mit Atreta nilssoni (ehem. Dimyodon nilssoni) sowie einem fragmentarischen epifaunalem Bewuchs (ggf. "Crania").


 

Abb. 60: Belemnella (Pachybelemnella) sumensis mit Serpelbewuchs (Gehäuse eines Kalkröhrenwurmes).



Anhang: Die Kreideküste Rügens als ein "unbeschreiblicher Sehnsuchtsort"

Mein erstes Exkursions-Erlebnis mit der Steilküste und der Rügener Schreibkreide hatte ich während einer Studien-Exkursion im Mai 1977. Damals fand ich auch mein erstes Kreidefossil, eine "Pycnodonte". Ein "Fossilienfieber" war entfacht und noch heute übt die malerisch schöne Kreideküste unbeschreiblich gefühlvolle Momente in mir aus. 


 

Abb. 61: Fotomotiv, Kreideküste und mehr ...


Abb. 62: "Sehnsuchtsorte" an der Kreideküste Rügens, illustriert mit einer Schautafel sowie mehreren Klapptafeln zur persönlichen "Selbstfindung", etwa auf Höhe der Großen Wissower Klinken.


 

Abb. 63: Morgenstimmung an den Großen Wissower Klinken.



Die Schönheit der Rügener Kreideküste


In strahlendem Weiß erhebt sich die Küste,

Kreideklippen ragen majestätisch und klar.

Von Sassnitz bis hin zu Stubbenkammer,

erzählt die Natur, was einst hier war.


Das Meer umspült die Felsen zart,

schäumende Wellen in ewiger Flucht.

Hier malt die Zeit mit sanfter Hand,

ein Meisterwerk der Schöpfung, voller Wucht.


Die Buchenwälder grün und dicht,

rahmen die Kreide in sanften Licht.

Ein Ort der Ruhe, der stillen Pracht

wo Tag und Nacht ein Märchen erwacht.


Der Wind flüstert alte Geschichten,

von Schiffen und Seefahrern, längst vergangen.

Hier findet das Herz was es vermisst,

im Einklang mit der Natur gefangen.


So bleibst du, Küste, ein ewiges Gedicht,

ein Juwel der Ostsee, in zauberhaftem Licht.

Ein Ort der Schönheit, ein stiller Hort,

Rügens Kreideküste, ein himmlischer Ort.


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